Meine story vom Braveheartbattle März 2017
„Die Schmerzen gehen, aber der Stolz bleibt“, lese ich in weißer Schrift auf dem rosanen Shirt der Frau vor mir. Ich spüre meine Füße nicht, meine Beine sind betäubt vom kalten Wasser. Zwischen den zwei Jungs laufe ich schleppend ohne ein Wort zu sagen. Ich würde mich jetzt am liebsten auf den Boden legen, alle Viere von mir gestreckt und weinen wie ein Mädchen.
Was zur Hölle mache ich hier eigentlich? Die Zuschauer links und rechts der Laufstrecke hier im kleinen Ort blicken etwas ungläubig in mein dreckverschmiertes Gesicht. Kann ich ihnen nicht übel nehmen, ist ja irgendwie auch schwer zu verstehen, warum jemand freiwillig über 24 Kilometer auf 1400 Höhenmetern mit 50 Hindernissen läuft, in Schlammgruben springt, unter LKWs krabbelt und auf allen Vieren unter stromgeladenen Seilen durch kriecht.
Durch das Joggen spüre ich langsam meine Füße wieder, nehme alles um mich herum aber nur halb wahr. Springe und krieche durch Reifen, über eine Wand aus Betonklötzen, noch eine, noch eine. Und schon stehe ich vor DEM Container, voll mit eiskaltem Wasser. Ohne zu überlegen steige ich hinein, schaue meinen Freund an: „Auf drei? Eins, zwei…“ Ach du Schei**e ist das kalt. Auf der anderen Seite der Wand tauche ich wieder auf, alles zieht sich zusammen. Das kalte Wasser tropft von meiner Nase. Schmerzen. Jens packt mich am Arm und schiebt mich in den zweiten Container, der mit Sägespäne gefüllt ist. Ich krieche durch die kleine Öffnung unter der Wand auf die andere Seite und springe auf den Boden.
Die Schmerzen vergehen, aber der Stolz bleibt
Wieder fassungslose Gesichter neben der Strecke, wieder weiterlaufen. Wieder in den kalten Bach. Wenigstens werde ich so etwas von der lästigen Sägespäne los. Meine Güte, ich bin so ein Mädchen. Ich will einfach in mein warmes Bett. Jetzt bloß nicht von der Strömung umschmeißen lassen oder mit dem Fuß umknicken, einfach irgendwie unter dem Netz gebückt durchlaufen. Nichts wie raus aus dem Bach, wieder normalen Boden unter den Füßen, weiterlaufen. Über eine Holzwand klettern, das geht erstaunlich einfach und macht Spaß. Noch eine Wand. Wieder einen verdammten Berg hochlaufen. Dann bergab, so schnell wie irgendwie möglich, wir müssen Zeit wieder gut machen.
Bis heute dachte ich, ich wäre echt fit. Jetzt denke ich, ich bin ein schwächliches Mädchen, Dreck und das Wasser macht mir zwar nichts aus, aber diese verdammten Berge, meine Güte wann hört das endlich auf? Ich bin richtig froh, wieder Hindernisse vor uns zu sehen. Ein paar Heuballen hochklettern, das macht richtig Bock. Einer hilft dem anderen, Räuberleiter, Hand in Hand, echte Teamwork. Auf der anderen Seite wieder runter springen, das ist einfach. Weitergehen. „Komm, das Stück bis zum Berg laufen wir noch!“ Ich antworte nicht, bewege meine Beine schneller, auch wenn die echt sauer auf mich sind. Mein Freund versucht mich zu motivieren, spricht mir gut zu, keine Ahnung warum der eigentlich noch so fit ist. „Versuch dir motivierende Musik vorzustellen.“ Ich kann nicht antworten, aber erinnere mich an diese Videos, die einen so richtig heiß machen. Quitting is not an option. The mind is stronger than the body. Never quit. You can do it. Pain is just weakness leaving the body.
Und wir laufen weiter, rennen bergab, gehen bergauf. Ich hab keine Kraft mehr, schleppe mich den Berg hoch, Jens schiebt mich mit seiner Hand an meinem Rücken. Bei den Männern löst sich hier wohl irgendwas aus, irgendeine evolutionär bedingte Stärke für Notsituationen. Ich bin sooo ein Mädchen, aber das ist leider auch keine Ausrede. Jetzt wundert es mich aber nicht mehr, dass hier 90 % Männer am Start sind.
Noch 2 Kilometer steht auf einem kleinen, gelben Schild, ich kann es kaum glauben, bald haben wir es geschafft. Nur noch den schlammigen Berg runter, nochmal durch die Schneekanonen, den Berg wieder hoch, das Ziel ist schon in Sicht. Die letzten Kräfte sammeln und mit den zwei Jungs ins Ziel laufen. Erst jetzt wird mir bewusst wie verdammt patschnass ich eigentlich bin.
Die Momente, in denen ich aufgeben wollte, die steilen Berge und das kalte Wasser sind schon fast wieder vergessen. Das Gefühl, ein Braveheart zu sein, macht alles wieder gut.
FAZIT
Jetzt, eine Woche danach ist mir zwar immer noch bewusst, wie verdammt anstrengend der Lauf war – aber ich würde es wieder tun. Diesmal würde ich mehr Berglauf trainieren (nicht einen Abend vorher entscheiden, dass ich bei dem Lauf teilnehme haha), denn das war der einzige Grund warum ich beim Lauf keinen Spaß hatte. Diese krassen Steigungen.
Runterra in Zirndorf im September? Da bin ich auf jeden Fall am Start. Denn der Dreck und die Hindernisse und vor allem das Gemeinschaftserlebnis haben echt Spaß gemacht. Einfach mal raus aus dem Alltag und im Team alles geben.
Ich weiß Mama, du hältst mich für psychisch gestört, aber beim Sport alles zu geben macht mich eben einfach glücklich. Bin halt die Tochter von deinem Mann.
Also Leute, wenn ihr Bock auf eine dreckige Herausforderung und ein echtes Team-Erlebnis habt, kann ich euch Hindernisläufe nur wärmstens ans Herz legen. Natürlich gibt es auch harmlosere Läufe mit weniger Steigungen (und bestimmt auch noch härtere…) – aber eigentlich muss man sowas einfach mal gemacht haben! 😉
Eure Mirjam
Fotos: sportonline-foto
Hey!!! Was ist daran schlimm, ein Mädchen zu sein?!!!
Hihihi nichts liebe Mama <3
[…] intensiver vorbereiten. Das konnte ich ja bei meinem letzten Hindernislauf (hier lest ihr meinen Beitrag zum Braveheartbattle) feststellen – da bin ich ziemlich gestorben. […]
[…] wer meinen Beitrag zum Braveheart Battle 2017 kennt, der weiß, dass ich schon ganz anders gelitten habe bei meinem letzten Hindernislauf (der […]
[…] vollbringen will, muss man sich vorbereiten. Da ich schon an Hindernisläufen wie Runterra und dem Braveheartbattle teilgenommen habe, kann euch ein Paar gute Tipps geben, worauf es bei der Vorbereitung […]